L E S E R B R I E F

an die Redaktion der Zeitschrift "Der Abschleppunternehmer" mit der Bitte um Veröffentlichung

Qualität hat seinen Preis = preisWERT

Abschlepp- und Pannenhilfeunternehmer sind moderne Dienstleister in einer der härtesten Branchen. Selbst an Weihnachten morgens um 2 Uhr oder wenn andere am 31.12. um 24 Uhr auf das neue Jahr anstoßen, sind diese Fachleute in Bereitschaft oder gar auf der Straße im Einsatz. Bei nassem Schnee im Straßengraben oder bei -30 °C Kälte unter einem Lkw - ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit - helfen sie den in Not geratenen Fahrzeugführern aus der Patsche.

Mit ihrer universellen Fachkenntnis, gehören die Unfall- und Pannenhelfer zu einer absoluten Eliteeinheit unter den Kfz-lern.

Jeder der Unternehmer weiß dies und ich erzähle ihm nichts neues. Aber warum verkaufen manche diese Profi-Leistung und Qualität dann zu einem Dumpingpreis?

Eine der häufigsten Aussagen ist: "ich leb halt vom Folgegeschäft, denn am Abschleppen ist ja nichts verdient!"!? Ausgerechnet die Arbeit, welche den meisten Aufwand erzeugt, welche am stärksten auf die Substanz geht, welche die größten Vorhaltekosten hat, für welche am schwersten Personal zu finden ist, soll sich nicht selbst rechnen? Warum?

Denken Sie daran, nur auf Substanz zu kalkulieren, später notwendige Ersatzbeschaffungen von Einsatzfahrzeugen oder einen angemessenen Unternehmerlohn zu unterschlagen, bedeutet eine Zeitbombe bis hin zum Konkurs des Unternehmens.

Oder soll man seine Auftraggeber und Kunden bescheißen! Soll man eine Billigpreisliste für manche Auftraggeber haben, nur um an bestimmte Verträge ranzukommen und dafür zu Lasten Dritter eine zweite, höher kalkulierte Preisliste für andere haben? Soll man motiviert sein, dem Kunden "nicht" vor Ort helfen zu "können", ihm dafür in der Werkstatt eine teure Reparatur zu verkaufen? Oder soll man auf den Unfallwagen scharf sein?

Leider sind gerade diese für die Mischkalkulation notwendigen Dinge die, welche den schlechten Ruf von manchen Unternehmen dieser Branche ausmachen. Hierbei wird oft - gezwungener Maßen (???) gesetzwidrig eine Notlage ausgenutzt.

Statt dem Druck von Auftragsvermittlern, zu Billig-Pauschalpreisen zu fahren, nachzugeben (ohne eigene Kalkulationsmöglichkeit und ohne Rücksicht auf örtliche Gegebenheiten), sollte lieber jeder seine tatsächlichen Kosten kalkulieren und den notwendigen Ertrag rechnen. Da kann jedoch niemals ein Wert von 51,13/59,05/72,-- Euro herauskommen (na, kommen Ihnen die Beträge bekannt vor?), selbst nicht bei hoher Auslastung. Durchschnittliche Werkstattstundensätze (nur Mechaniker, ohne Bereitschaftsdienst und ohne teures Einsatzfahrzeug und mit Regelauslastung) betragen in Deutschland schon ca. 70,-- Euro. Selbstverständlich sollte die Arbeit preiswert sein und nicht überzogen teuer. Aber preiswert heißt, dass der Preis bezahlt werden muss, den die Arbeit Wert hat und es heißt nicht billig, denn dies geht zu Lasten der Qualität oder gefährdet die Existenz.

Ich kann auch einige Auftragsvermittler und -geber verstehen, dass diese auch wegen einiger schwarzer Schafe versuchen, kontrollierbare Pauschalpreise zu bekommen. Es ist schon verwunderlich, dass einige Unternehmen selbst für kleinste Abschleppungen eines rollfähigen Kleinwagens, nach technischer Panne, wenige Meter zum nächsten Autohaus im selben Ort, fast exakt 155,-- Euro verlangen - nur weil dies die Schutzbriefleistung ausmacht. Oder ein Unternehmen schlepp von ein und der selben Unfallstelle zwei Fahrzeuge zu ein und dem selben Zielort gleichzeitig ab. Der Schuldige ist Mitglied in einem bekannten Club und die Rechnung lautet 51,13 Euro und beim Nichtschuldigen, da ja die Haftpflicht zahlt, 750,-- Euro. Versucht man aber bei diesen Unternehmen dies in einer Preisliste zu finden, scheitert man. Entweder gibt es keine ordentliche Preisliste oder der Preis muss unter vielen verschiedenen Preislisten erst herausgesucht oder gar erst geschrieben werden. Vergessen Sie bitte nicht, Sie sind:

  1. zur Preisauszeichnung u. -auskunft verpflichtet,
  2. Sie dürfen für ein und das selbe (Dienstleistungs-)
    Produkt keine zwei verschiedenen Preise haben,
  3. Sie erfüllen den Tatbestand des Wuchers, wenn
    vergleichbare Leistungen mit einer Differenz
    von 300 % abgerechnet werden
    (z.B. 59,31 zu 177,93 Euro oder 97,-- zu 291,-- Euro) und
  4. Sie dürfen gem. höchstrichterlicher europäischer
    Rechtssprechung nicht unter Einstandspreis Ihre
    Dienstleistung verkaufen

Es verbietet Ihnen niemand, Verträge für eine definierte Dienstleistung für 72,-- Euro pauschal abzuschließen. Aber dann müssen Sie auch für alle anderen Auftraggeber dieses Produkt zu diesem Preis verkaufen und keine Kalkulation zu Lasten Dritter durchführen - dies ist unseriös und ab 300 % Wucher!

Sprechen Sie diesen Punkt mal mit Ihrem Rechtsanwalt ab, bevor Sie ein Mitbewerber verklagt oder sich sogar die Staatsanwaltschaft einer solchen Sache annimmt.

Hier noch eine "Milchmädchen"-Kalkulation bzw., Kostendarstellung nur aus Sicht der Personalkosten und der reinen Fahrzeugkosten - damit leicht nachvollziehbar - auch von Nicht-Kaufleuten.

Ein Notdienstmann kostet heute pro Stunde 14-22,-- Euro - dies sind mit Lohnnebenkosten im 28-45,-- Euro. Ein durchschnittlicher Einsatz dauert ca. über 1,5 bis 2 Stunden mit Rüstzeit, Anfahrt, Schadenaufnahme, Pannen-/Unfallhilfe oder Bergung und/oder Abschleppen, Abladen, Rangieren, Auftrag erfassen, Rückfahrt, Rüstzeit, Auftrag abwickeln.

Umgerechnet sind dies alleine schon für Personal 56,-- bis 90,-- Euro zur normalen Arbeitszeit an Selbstkosten bei einem normalen Einsatz (Nachts 70-112,-- / Sonntags 84-134,-- / Feiertags 98-156,-- / Weihnacht u. 1. Mai 112-178,-- Euro - nur gesetzliche und nicht tarifliche Zuschläge sind hier berücksichtigt). Bereitschaftskosten sind hier noch gar nicht berücksichtigt!!!*

Dazu kommen die Fahrzeugselbstkosten (Anschaffungskosten, Reparaturen, Wertminderung, Rücklagen für Instandhaltung und Neuanschaffung, Versicherungen, Steuer, Verzinsung, Kraftstoff, Wartung). Diese sind bei einem Pannenhilfefahrzeug f. Pkw ca. 65 Cent/km, f. Lkw und kleines Bergungsfahrzeug mit 3,5 t zGG / ca. 1,5 t NL ca. 1,25 Euro/km, mittleres Bergungsfahrzeug mit 7,5 t zGG / ca. 2-2,5 t NL ca. 2,05 Euro/km, schweres Bergungsfahrzeug 12-16 t zGG / ca. 3,5-6 t NL (Auftragsbereich bis 7,5-Tonner) 3,10 DM/km (Lkw-Berger???, da schwer zu kalkulieren, am stärksten Auslastungsabhängig und großer Fixkostenblock). Die Kosten pro km beruhen auf einer durchschnittlichen Auslastung.

Dazu kommen die notwendigen betrieblichen Fixkosten wie Halle, Büro, Nebenkosten, Versicherungen, Telefonzentrale etc. (je nach Auslastung umzulegen), sonstige Kosten und zu guter Letzt der oft ganz vergessene kalkulatorische Unternehmerlohn und Gewinn.

Fazit, wer bei guter Auslastung tagsüber Pannenhilfen an Pkw in der Stadt im Schnitt unter 110,-- Euro und einfachste Abschleppungen im Pkw-Bereich unter 160,-- Euro durchführt*, hat nicht kalkuliert und muss die Notlage der Kunden ausnutzen und massiv Folgegeschäfte mit hohem Ertrag und Provisionen herausziehen - zu Lasten des Kunden, der Versicherungen und dem Ansehen der Branche. Versicherungsunternehmen sollten allerdings erkennen, dass ein Knebelpreis für die schwere und aufwendige Dienstleistung Abschleppen, Pannenhilfe und Bergen, gerade zu solch "überlebenswichtigem" Verhalten führt!!! Wenn die Versicherungen tatsächlich den Willen zur Gesamtschadenminderung (zu Gunsten aller Versicherten) durch ihr Schadenmanagement ernst meinen, so muss beim Thema Unfall, Bergung und Panne ein angemessener Preis bezahlt werden!

Es soll auch die Unternehmer geben, welche die Personalkosten nicht berücksichtigen und sagen, sie fahren ja überwiegend selbst und ich, der Unternehmer koste ja nichts!? Diese verbrauchen häufig auch die Substanz Ihres Anlagevermögens, ohne Instandhaltungskosten und Rücklagen für die Ersatzinvestitionen zu berücksichtigen!

Hier kann nur empfohlen werden, mal mit dem Steuerberater zu sprechen - von diesem können Sie auch für Ihren Betrieb oben angeführte Kostenrechnung nachprüfen lassen, falls Sie das nicht selbst können.

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