L E S E R B R I E F
an die Redaktion der
Zeitschrift "Der Abschleppunternehmer" mit der Bitte um
Veröffentlichung
Himmel und Hölle
Ernstgemeinte Traumsatire
über das Thema:
Was will die IGA?
Ein Alptraum? ( 1. Folge)
Einst kam ein Mann zum Propheten. Ihn bewegte die Frage, wie es im
Himmel und in der Hölle zugehe, da er mit seinem orangen Abschleppwagen
schon jahrelang durch das Fegefeuer hilflos und auftragslos umherirre -
und ihm jeden Moment der Sprit ausgehe. Wollte er doch seinen künftigen
Weg bewusst wählen, anstatt sich nun demnächst arbeitslos oder beim
Sozialamt zu melden. Da nahm ihn der Prophet bei der Hand und führte
ihn durch dunkle Gassen in einen großen Saal, wo sich viele
ausgemergelte Abschleppunternehmer - erkennbar an ihren sauberen
Overalls - um die Feuerstelle drängten.
Dort brodelte in einem großen Kessel eine köstlich duftende Suppe.
Jeder der Leute besaß einen gusseisernen Löffel, der so lang war wie
er selbst. Der Löffel war aufgrund seiner Größe zu schwer, um damit
die Suppe zu löffeln und zu lang, um damit Nahrung zum Mund führen zu
können.
So waren die Menschen halb wahnsinnig vor Hunger und schlugen
aufeinander ein vor Wut.
"Das", fasste der Prophet den Mann am Arm und sagte:
"Siehst Du, das ist die Hölle!"
Sie verließen den Saal und traten bald in einen anderen Saale ein. Auch
hier viele Menschen. Auch hier wieder ein Kessel Suppe. Auch hier die
riesigen Löffel. Aber die Leute waren wohlgenährt, dösten zufrieden
auf ihren Sofas vor sich hin oder unterhielten sich über angenehme
Themen.
Diese Menschen hatten sich zusammengetan. Einige tauchten gemeinsam die
schweren Löffel ein und fütterten die Gegenübersitzenden. Umgekehrt
geschah es ebenso. Auf diese Weise wurden alle satt.
Und der Prophet sagte zu seinem Begleiter: "Siehst Du, das ist der Himmel!"
Als der Abschleppunternehmer dann völlig verstört im Morgengrauen
aufwachte, verstand er, was bisher falsch gelaufen war - und er ahnte
bereits, was nun zu tun ist, leider fiel ihm jedoch keine konkrete
Umsetzungsmöglichkeit ein.
Auch er hatte bisher mit seinen unmittelbaren und selbst weiter
entfernten Unternehmerkollegen alles andere als eine Zusammenarbeit und
Partnerschaft gepflegt. Auch er war sich selbst der nächste. Auch er
hatte bisher einem Verband vertraut, der sein Heil darin sah, dass ein
Automobilclub die Zügel (z.B. Verkehrsservice-Vereine) in die Hand
bekam.
Verstört stellte er fest, dass die Notrufsäulen nun doch tatsächlich
ein anderer erhielt und er nun hier trotz seines nächstgelegenen
Standortes und seiner gut kalkulierten Preise keine Aufträge erhielt.
Hatten die Notrufsäulenbetreiber wohlmöglich doch nicht seine Adresse
und Telefonnummer?
Immer wieder musste er beobachten, wie auch hier der gelbe Wettbewerber
die freien Fälle erhielt und als erste Tat diesen Autofahrern einen
Automobilclub-Schutzbrief aufdrängte. Dabei musste der Gelbe von 28 km
entfernt vor seine Haustüre fahren und verursachte durch die lange An-
und Rückfahrt nicht selten die doppelten Kosten - von der
halbstündigen Wartezeit - statt weniger Minuten - ganz zu schweigen.
Erst kürzlich kam es zu einem schweren Folgeunfall, im deswegen
verursachten Stau, mit mehreren Toten und Schwerverletzten!
Noch verstörter war er, als nun trotz der
Verkehrsservice-Vereinskonstruktion über die vom Verband so hochgelobte
Abschleppleitzentrale nun hier statt dringend mehr benötigter Aufträge
nach und nach fast keinen Auftrag mehr zum Abschleppen bekam. Und dies
nun seit Monaten so!
Statt dessen las er in den Vereinsnachrichten, dass die
Verkehrsservice-Vereine nun auch die Nachbar-Bundesländer scheinbar
mühelos überschwemmten und die Vereinskollegen sich sogar darauf
freuten!?
Wussten die denn nicht, dass nach anfänglichen wenigen Aufträgen bald
nur noch die gelben Wettbewerber überall auftauchen würden? Das gelbe
Team, das hier einen marktbeherrschenden Automobilclub mit seinen
wirtschaftlichen Tochterunternehmen aus der Autovermietung, Schutzbrief,
Rechtsschutzversicherung, Verlag, Warenvertrieb ... als eine gut
organisierte sektenähnliche Struktur auftrat und sich unter dem
Deckmantel des Verbraucherschutzes wirtschaftlich enorm erfolgreich
verkaufte? All dies las er in der "Wirtschaftswoche"!
Neidvoll dachte er an das erfolgreiche Zubrot seiner gelben
Wettbewerber, die für jeden verkauften Schutzbrief des Automobilclubs
sage und schreibe 40,- DM + MwSt. einstrichen - und selbst für die
Vermittlung von einfachen Club-Mitgliedschaften immer noch 30,- DM +
MwSt. erzielen konnten.
Als er dann an diesem Morgen seine Post öffnete, fiel es ihm wie
Schuppen von den Augen!
Völlig überrascht las er die Anschreiben und Fragebogen von einer
Interessengemeinschaft, die ihm die Lösung seiner Probleme anbot: die
Perspektive zu einer gemeinsamen Struktur in einer unternehmereigenen
Abschlepp- und Pannendienst-Zentrale, die umfassende Beratung von
Kollegen, die Sparpotentiale günstiger Einsatzfahrzeug-Versicherungen,
laufende, aktuelle Infos im Internet ....
Selbst die "Gegenprobe" (zwicks mi - i glaub i tram) wurde
erfolgreich bestanden - er träumte nicht.
(Fortsetzung folgt)
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