L E S E R B R I E F

an die Redaktion der Zeitschrift "Der Abschleppunternehmer" mit der Bitte um Veröffentlichung


Auswahl- und Vermittlungskriterien sinnvoll ?

Es gibt wohl nichts " dümmeres " als die derzeit am Markt praktizierten 
Auswahl- und Vermittlungskriterien der sog. Verkehrsservice-Vereine und des 
sog. bayr. Modells, das vom Bayr. Staatsministerium des Innern erzwungen wird.
Diese Kriterien sind bei einigen Unterschieden im Grundsatz deckungsgleich und
sind m.E. eine Hilfestellung für einen Verbraucherbetrug, sowie ein schlimmes
Marktzugangshindernis für viele kleinere Abschleppunternehmer.

Um dies einfach und schnell zu erklären, sind einige Praxis-Beispiele sinnvoll.
Danach muss auch die Rechtslage (Bundesgewerbeordnung, Wettbewerbsrecht, ...)
kurz beleuchtet werden.

In den Verkehrsserviceländern Hessen, Thüringen, Sachsen und möglicherweise
demnächst auch in Niedersachsen werden die sog. Auswahl- und
Vermittlungskriterien der ARGE Pannen- und Unfallhilfe e.V. , fälschlich vom 
anderen  Verband früher als " BundesARGE " bezeichnet, verwendet.
Diese ARGE ist ein Zusammenschluss unter dem Dach (München-Westpark) des ADAC.
Hier im ADAC-Herrscherhaus ist auch der Vereinssitz.
Der ADAC-Geschäftsführer ist gleichzeitig der Oberpräsident der ARGE und hat
auch noch doppeltes Stimmrecht (in Anbetracht der Macht des ADAC - alle sind
gleich, aber einer ist gleicher ?)
Als weitere Mitglieder sind die winzigen anderen Automobilclubs (ACE, ARCD, ACV),
die Interessengemeinschaft der ADAC-Straßendienstbetriebe e.V. (ISA), der VBA
mit seinem einheitlichen ADAC-Vertragspartnervorstand, die Kfz-Innung (deren
Obermeister ebenfalls ADAC-Vertragsabschleppdienst ist) und einige andere 
kleine Vereinigungen (z.B. Reifenhandel-Organisation) zugange.
Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass in der ARGE-Führungsriege neben dem
ADAC-Geschäftsführer ein VBA-Verwaltungsratsmitglied sitzt, der
selbstverständlich ebenfalls ADAC-Vertragsabschleppdienst ist.

1.Praxisbeispiel:
Gelistet wird z.B. ein Bergungs-Kfz mit 5mto.-Kran und 2500 kg Nutzlast.
Die nächste Einteilungsgruppe ist schon der sog. Schwerverkehr.
Hier ist ein LKW-Abschleppwagen mit 4 to. Hakenlast , in der erweiterten
LKW-Bergungsgruppe dazu noch ein 30 to. Autokran notwendig.
Nun bleibt ein Transporter oder ein Wohnmobil mit 2800kg, 3500kg, 3800kg oder
4000kg liegen und muss abgeschleppt werden.
Hier darf dann im Verkehrsservice-Land nur ein Abschleppdienst vermittelt
werden, der einen LKW-Abschleppwagen mit 4 to. Hakenlast vorhält.

Nun ergibt sich aber, dass dieser Transporter oder Wohnmobil mit
2800/3500/3800/4000kg aufgeladen (Bergungs-Kfz hat eine Plateau-Ladefläche)
abgeschleppt werden muss, weil z.B. die Achsen blockieren oder ein
Automatikgetriebe vorhanden ist.

Der sog. MUSTER-Abschleppdienst hat aber ein Bergungs-Kfz mit 4000kg Nutzlast
und wird für diesen Auftrag nicht gerufen, obwohl er 5 km nur entfernt ist.
An die Unfallstelle wird dann der LKW-Abschleppdienst bestellt, der diesen
Transporter oder Wohnmobil gar nicht abschleppen kann (mit LKW-Abschleppwagen),
der aber das gleiche Bergungs-Kfz mit 4000kg Nutzlast vorhält und nun ein gutes
Geschäft macht, weil er 60 km Anfahrt hat und statt nur einer (1) Einsatzstunde
des ersten MUSTER-Abschleppdienstes insgesamt nun drei (3) Einsatzstunden
benötigt, in EUR ausgedrückt, statt 200,- nun gar 600,- EUR Umsatz erzielt.

Dem liegengebliebenen Autofahrer wird der nächstgelegene , fachlich-geeignete
Abschleppdienst jedoch verschwiegen, weil durch das starre Listungssystem es
nicht anders möglich gemacht wird.

In Bayern regiert der gleiche Vermittlungs-Schwachsinn.
Hier wird bis Dezember 2004 ebenfalls 2500 kg Nutzlast starr vorgeschrieben,
dann wird die Mindestnutzlast zur Listung im sog. PKW-Einsatzbereich auf 3500kg
angehoben. Hier wird ganz einfach auch unterschlagen, dass sehr viele
Transporter z.B. bis 7,5 to. wiegen, darunter der Großteil um ca. 5 to.
Die leistungsfähigen Abschleppdienste mit den entsprechenden Fahrzeugen werden
schlicht nicht berücksichtigt. Es gibt nur bis 3,5 to. und darüber bis 40to.
Zwischendrin wird so getan, als ob es keine Unterschiede  gibt?
99 % der PKW wiegen unter 2 to. Wie in der Presse zu entnehmen, ist jedoch
gerade der Anteil der verunfallten Transporterklasse von 3,5 bis 5 to. sehr
stark steigend.

Der " unselige " Verband behauptet immer wieder, dass die IGA diese
Mindestanforderungen aufweichen will oder gar strikt ablehnt.
Wir wollen dagegen in Wahrheit ein flexibles Listungssystem.
Die Betriebe sollen mit dem Fuhrpark gelistet werden, der vorhanden ist.

Nach der Bundesgewerbeordnung ist ein starres System rechtlich auch gar nicht
durchführbar, nicht einmal eine 24-Std.-Einsatzbereitschaft ist rechtlich
haltbar. Wir leben nun mal im Deutschland und sollten uns deshalb auch an die
Gesetze halten und nicht uns ein eigenes Wettbewerbsrecht " stricken " .

Der Kern der Verbandspolitik ist doch, dass dieser Verband bestrebt ist,
zugunsten von großen LKW-Abschleppbetrieben die Mehrzahl der sog. kleinen PKW -
Abschleppdienste zu schädigen - durch diese starre Listung.
Der LKW-Abschleppdienst ist ja nicht verpflichtet, mit dem überdimensionierten
LKW-Abschleppwagen (der gar nicht aufladen kann, sondern nur vorne hochheben)
abzuschleppen, sondern in der Regel ja ebenfalls ein leistungsfähiges
Bergungs-Kfz mit entsprechender Nutzlast (z.B. 4 to.) einsetzt.
Die Vorstände des VBA sind allesamt in der Kategorie LKW-Schwerverkehr.
Geht Ihnen jetzt vielleicht ein Licht auf oder bleibt es noch immer dunkel?

Zudem sind die meisten ADAC-Vertragsabschleppdienste (Beispiel in Thüringen:
Erfurt, Gotha , Schleiz,...) ja ebenfalls PKW- und LKW-Abschleppdienste und
profitieren so ungemein heftig von diesem starren Listungssystem.
Die Einigkeit des ADAC mit dem VBA wird so wohl noch " verständlicher " ?

In diesem Zusammenhang ist es schon dreist vom VBA auszuführen, dass allen
Betrieben deutlich vor Augen geführt werden muss, dass die eingeschlagene
Richtung nicht mehr verändert werden kann. (So z.B. im April 2000 Vereinsheft
auf der Seite 10)

Der Irrtum des VBA wird auch in BAYERN deutlich. Hier erwägt und prüft das
Innenministerium gerade den " Hinauswurf " der GDV-Privatisierung und
GDV-Monopolvermittlung.

Tatsächlich sind jedoch so viele kleine Abschleppdienste jahrelang von dem
starren und intransparenten Verkehrsservice-Vermittlungssystem geschädigt
worden, dass für viele Betriebe es gar nicht mehr möglich ist, zu investieren.
Die ADAC-Vertragsbetriebe sind durch die Auftragsstabilität weiter gewachsen.
Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass z.B. die Schutzbrief-Versicherungs-
Assistancen (SILBERNE FLOTTE) in Thüringen überwiegend ADAC-Vertragsbetriebe
genommen hat und hier damit auch noch eine weitere Monopolisierung verstärkt.
Die kleineren Betriebe erscheinen wohl selbst den Versicherungskonzernen gar
nicht  mehr überlebensfähig - auf Dauer - ? Dank Verkehrsservice-System .

Die fehlende Transparenz - der Vermittler ist preisangabenpflichtig ist ein
weiterer Stolperstein.
Solange die POLIZEI vor Ort auftragsbeeinflussende Fragestellungen wie z.B.:
" Soll ich für Sie den ADAC-Abschleppdienst holen?" stellt, erübrigt sich
eigentlich jegliche weitere Ausführung zu den Mindestanforderungskriterien.
Hier sollte die POLIZEI statt dessen fragen: " Wollen Sie den nächstgelegenen
Abschleppdienst, der 100,- oder der 440,- EUR verlangt?"

Der VBA und ADAC freuen sich seit Jahren " diebisch " , dass diese
Preistransparenz und Markttransparenz durch den Verkehrsservice und das
bayerische Modell in Zusammenarbeit mit dem GDV verhindert wird.
So können kleinere und preiswerter anbietende Abschleppdienste erfolgreich vom
Marktzugang abgehalten werden und insbesondere die Automobilclub-Preisschaukel
von 28,50 bis 38,50 EUR netto (bei ADAC-Eintrittsverpflichtung) weiter
ansteigen. Dies zeigt sich, dass bisher der ADAC 54,- EUR  netto  zu zahlen
bereit war. In ca. 10 Jahren könnte der ADAC vielleicht nur noch 1,- EUR als
Erinnerungswert zahlen müssen?

Es ist daher tragisch, wie in unserem Abschleppgewerbe das demokratische
Wirtschaftssystem vom VBA und ADAC mit ganzer Anstrengung ausgehebelt wurde.

Dieter Pramschüfer       info@iga-verein.de
 

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