L E S E R B R I E F

an die Redaktion der Zeitschrift "Der Abschleppunternehmer" mit der Bitte um Veröffentlichung


Spektakulärer Heckbrillen-Unfall    

"Abgeschleppt und abgehängt"

titulierte die Hannoversche Allgemeine Zeitung am 3.9.2003 über den Unfall, als ein Bergungs-Kfz einen Ford Transit, der in der Heckbrille abgeschleppt wurde, während der Fahrt verlor.
Dieser abgeschleppte Transporter fuhr dann "führerlos" eine zwei Meter tiefe Böschung hinunter, bzw. stürzte dort hinunter, nachdem er vorher die gesamte Straße überquert hatte und blieb am Fuße dieser Böschung auf den Stadtbahnschienen der Linie 4 liegen. Der fast neue Ford Transit war inzwischen schrottreif. Ein Zugführer konnte nur durch eine Vollbremsung einen Zusammenstoß vermeiden.

Das Personal des Bergungs-Kfz hatte den Transit sogar mit Gurten in der Heckbrille des ATEGO gesichert. Die Zurrgurte waren schlicht gerissen. Die Ursache ist relativ einfach zu erklären. Der Mercedes-Atego mit langem Radstand und Schiebeplateau, sowie Luftfederung und dieser montierten Heckbrille hat einen sehr langen Überhang. Wenn nun das Bergungs-Kfz in einer kleinen Bodenwelle ins Schwingen kommt, sich durch den schweren Ford Transit mit einer Abschlepplast von ca. 1800 kg und einem Lastangriffspunkt von über 4 m hinter der Ategohinterachse mitschwingend bewegt, wird die Vorderachse leicht aus den Federn gehoben und die Transit-Räder in der Heckbrille setzen auf der Straße plötzlich auf. Wie beim Tennisschläger-Aufschlag wird dann der Ford Transit aus der Heckbrille katapultiert. Auch die dünnen Zurrgurte können dann diese " Kanonenkugel " nicht mehr halten. Der Fahrer des Bergungs-Kfz hätte in Anbetracht des Federweges und der möglichen Schwingungen viel weiter die Heckbrille anheben müssen.

Zudem fehlte dem Personal eine Abschlepplast-Tabelle für die Heckbrille.
Möglicherweise war durch den weiten Lastangriffspunkt in Verbindung mit dem hohen Vorderachsgewicht des Ford Transit von über 1800 kg bereits die Hinterachse und damit die Federungsgrenze überlastet. Bei einem Radstand des Bergungs-Kfz von ca. 4,5m wippt die Vorderachse hoch wie eine auspendelnde Waage ?

Dieser Unfall ist kein Einzelfall. Meist geht so ein Heckbrillenunfall relativ glimpflich ab und das abgeschleppte Kfz in der Brille bleibt hängen und wird " nur " beschädigt.
Es grenzt sowieso an ein Wunder, daß dieser verlorene Ford Transit auf dieser belebten Straße an der Stadtgrenze von Hannover weder andere Autofahrer, noch Fußgänger und Radfahrer überrollt hat. Der ADAC-Vertragsabschleppdienst hat bis heute keine Abschlepplast-Tabelle für seine Bergungs-Kfz und auch keine Schulungskurse nach dem Arbeitsschutzgesetz, sowie keine Gefährdungsermittlung dazu.

Selbstverständlich wurden zu den Ermittlungen nur solche Fachleute von der Polizei befragt, die sicherlich keine Ahnung hatten - und von dieser ganz, ganz viel.  Somit war das Verfahren wg. Verkehrsgefährdung, usw.... aus Sicht der Behörden einzustellen.
Nun sollten aber die Abschleppunternehmer sich künftig nicht auf solche Unwissenheiten verlassen. Es gibt ja auch Sachverständige, die hier recht gut ermitteln können. Es soll sogar Polizeibeamte geben, die mehr als 2+2=4 kombinieren können ?

Daher ist es notwendig, daß der Einsatz von Heckbrillen an Bergungs-Kfz , bzw. LKW zur Fahrzeugbeförderung, mit aller Vorsicht und Umsicht durchgeführt wird, insbesondere müssen die zulässigen Leistungsgrenzen beachtet werden.
Wie an diesem Beispiel erklärt, sind nun mal fast 2 t ca. 4 m hinter der Hinterachse ein gewaltiger Lastangriff und wird bei höheren Geschwindigkeiten und bei unebenen Straßen dann fast unweigerlich zur fahrenden  BOMBE .   
Hier werden nicht nur andere Verkehrsteilnehmer massiv gefährdet, auch das Personal kann bei einem Unfall selbst mitgefährdet werden, was wiederum die Einbeziehung des Arbeitsschutz-Gesetzes betreffen wird.
        
Hier dürfte bereits eine Überlastung der zulässigen Hinterachslast vorgelegen haben.
Mancherorts ist aber auch noch zu beobachten, daß sogar noch ein zweites Kfz auf das Schiebeplateau aufgeladen wird. Bei 12 t zGG Fahrgestellen ist dies kein Risiko mehr, sondern kann unzweifelhaft als vorsätzliche Straßenverkehrsgefährdung bewertet werden.

Dieter Pramschüfer

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