L E S E R B R I E F

an die Redaktion der Zeitschrift "Der Abschleppunternehmer" mit der Bitte um Veröffentlichung

Pannenhelfer auf A99 tödlich verletzt

Folgender Bericht mit obiger Überschrift erschien am 23.November 1998 im Münchner Merkur:

IGA fordert bessere Sicherheitsmaßnahmen.... war die zweite Überschriftenzeile ....
(Anbei die Originalabschrift)
Ein Münchner Pannenhelfer(46)ist am Samstag gegen 2.30 Uhr bei einem schweren LKW-Unfall auf der A99 bei Aschheim getötet worden. Sein Sohn (13), den er zu diesem nächtlichen Einsatz mitgenommen hatte, wurde schwer verletzt. Die " Interessengemeinschaft der Abschlepp- und Pannendienstunternehmer " (IGA) hat schwere Vorwürfe gegen die Berufsgenossenschaft und das bayerische Innenministerium erhoben. Sie hätten trotz jahrelanger Warnungen nichts für bessere Sicherheitsmaßnahmen im Pannendienst unternommen.
Es war ein Routineeinsatz: Auf der A99 Richtung Salzburg war ein 38-Tonner, beladen mit Getränken, auf dem Seitenstreifen wegen eines Defekts liegengeblieben. Der Pannendienst rückte an, der Servicemann stellte seinen MAN-Kleinlaster hinter den 38-Tonner, mit Warnblinkleuchte ordnungsgemäß abgesichert. Der Servicemann ging nach vorne, sein Sohn blieb im Führerhaus. Da raste von hinten aus noch ungeklärter Ursache mit 95 Stundenkilometern ein 38-Tonner Sattelzug aus Kufstein in den Servicewagen, zerfetzte diesen und schlitzte den Pannen-LKW auf der ganzen Länge auf, meldet die Feuerwehr. Der Mann vom Pannendienst wurde erfaßt und über die Leitplanke geschleudert, er war sofort tot. Der Bub wurde im Führerhaus eingeklemmt. 25 Minuten brauchte die Feuerwehr, um ihn mit Rettungsspreizer, -schere und Seilwinde aus dem Wrack zu befreien. Er kam schwer verletzt mit Notarzt in eine Münchner Klinik. Die beiden LKW-Fahrer erlitten nur leichte Verletzungen. Den Schaden schätzt die Polizei auf 850.000 Mark. Genau an derselben Stelle, in Höhe des Parkplatzes bei Aschheim, war erst am Donnerstag ein Bitumen-Transporter in zwei andere LKW gerast, Schaden rund 1 Million Mark. Die Autobahn in Richtung Salzburg war bis 9.30 Uhr total gesperrt. Die ganze Ladung des Getränkelasters war über alle drei Spuren verstreut.  Außerdem liefen rund 500 Liter Diesel aus. Die Aschheimer Feuerwehr war mit 21 Mann im Einsatz, unterstützt von der Ismaninger Wehr. Einsatzleiter war Aschheims Kommandant Helmut Meier. Die Interessengemeinschaft der Abschlepp- und Pannendienstunternehmer (IGA) mit Sitz in Regensburg ist davon überzeugt, daß der tödliche Ausgang des Unfalls bei besseren Sicherheitsmaßnahmen hätte vermieden werden können.
Vorsitzender Dieter Pramschüfer fordert, daß Service-Fahrzeuge mit einer Absperrtafel , wie sie Bautrupps auf der Autobahn einsetzen, abgesichert werden sollen. Außerdem müßten schwere LKW-Werkstattwagen eingesetzt werden, um Pannenfahrzeuge sofort abschleppen, statt auf der Standspur " herumzubasteln " . Notwendig wäre auch der Einsatz eines zweiten Mannes als Warnposten. Statt dessen würden Arbeitsbedingungen " von selbsternannten Profis menschenverachtend mit Füßen getreten " , sagt Pramschüfer und attackiert das bayerische Innenministerium, Berufsgenossenschaft und ADAC. " Uns ist klar, daß wir Prügel kriegen, wenn wir gegen diese Interessen verstoßen " , sagt Pramschüfer.  " Aber was ist schlimmer: Prügel oder tot ? "   (Originalabschrift Ende)

In diesem Zeitungsbericht sind einige Unklarheiten und Fehler, die wir im Andenken an den getöteten Pannenhelfer (Ivan) nicht so stehen lassen wollen.

Der unfallverursachende LKW fuhr nach Zeugenangaben schon mehrere hundert Meter auf der BAB-Standspur, als er den auf der BAB-Standspur ohne weiträumige rückwärtige Absicherung stehenden Werkstattwagen (LT55) in voller Fahrt rammte.  Weder ein Warndreieck, noch Leitkegel waren auf der BAB-Standspur als Vorwarnung und mechanische Absicherung (beim Überfahren von 75 cm hohen Leitkegeln wachen in der Regel die Schlafmützen am LKW-Lenkrad auf) vorhanden.
Der Pannenhelfer (Ivan) war bereits wieder im Führerhaus seines Werkstattwagens und füllte die Auftragsscheine aus, als der Aufprall passierte und er hinter dem Lenkrad sitzend überrollt wurde. Dann krachte der Unfallverursacher auch noch auf den stehenden Getränkelaster.

Im Vorfeld von diesem Unfall haben wir nicht nur monatelang einen vergeblichen Schriftwechsel mit den Berufsgenossenschaften geführt, sondern auch dem Bayr. Innenministerium den Vorschlag unterbreitet, den Abschlepp- und Pannendiensten wie den Leitplanken-Mechanikertrupps die Verwendung von fahrbaren Absperrtafeln zu gestatten, wie es das Bundesverkehrsministerium hier den Leitplanken-Reparaturfirmen und Straßenbaufirmen sogar in der RSA-Norm zwingend vorschreibt. Nun tut man aber so, als ob wir Abschlepp- und Pannendienstbetriebe nicht im Verkehrsraum " stehen " ?!

Nun stellen sie sich einmal vor, auf der 2,50 m breiten Standspur steht nicht ein Werkstatt- oder Abschleppwagen, der ebenfalls so breit ist, sondern auch noch 25 Zentimeter (2,75m breit) in die BAB-Fahrbahn hineinragt. Während dieser überbreite LKW-Abschleppwagen auf der Standspur zurückrangiert, um entweder eine Abschleppstange oder den Unterfahrlift auszufahren und einzuhängen, sowie ein Mechaniker unter dem abzuschleppenden LKW kriecht und die Kardanwelle abzuschrauben - weil ohne diese Lösung kein Abschleppen machbar ist und das Getriebe des liegengebliebenen LKW zerstört werden würde - um wie viel höher dann nicht nur diese Arbeitsplatzgefährdung ist, sondern auch der vorbeirauschende Verkehr x-fach-höhere Unfallwahrscheinlichkeit auslöst?

Nach diesem Unfall am 21.11.1998 konnten wir uns beim Arbeitskreis der Berufsgenossenschaften doch ein verstärktes Gehör verschaffen. Wie allerdings von uns befürchtet, wurden in diesen Arbeitskreis auch diejenigen Gruppierungen eingeladen, die m.E. in der Vergangenheit nicht erkennen ließen, daß die Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes und eine seriöse Gefährdungsermittlung in ihrem ersten Interesse stehen würden.
So wurde neben dem ADAC-Vertretern, auch Schreibtischler des DKV und der andere Verband zum Arbeitskreis eingeladen, denen wir aus guten Gründen unterstellten, faktische Sicherheitsverhinderer zu sein, weil sie die viel weiter gehenden Forderungen der IGA nach Sicherungsmaßnahmen fast ständig als wirtschaftlich zu teuer ablehnten -insbesondere die nicht verhandelbare IGA-Mindestforderung nach dem zweiten Mann (Warnposten) bei Einsätzen auf der BAB (Fahrbahn und Standspur) vehement ablehnten.

Der dann am 9.3.2001 bei München spektakuläre Unfall mit einem LKW-Abschleppwagen, der ohne rückwärtige Absicherung (Leitkegel, Warndreieck, Warnleuchten, Warnposten) auf der BAB-Fahrbahn nur mit Warnblinkanlage und gelben Rundumleuchten abgestellt wurde, und auf den ein PKW prallte und hierin zwei Menschen starben, war dann im Arbeitskreis der Berufsgenossenschaften ein besonderer Eklat, weil dies doch die schlimmsten Befürchtungen der IGA-Arbeitskreisteilnehmer wieder einmal bestätigte.
Die Namensnennung und Ortsnennung des LKW-Abschleppdienstes, der hier durch die fehlende Absicherung ja auch sich selbst in Lebensgefahr gebracht hätte, wenn statt eines PKW ein schwerer LKW aufgefahren wäre, ist mir vom Landgericht München absolut untersagt worden.
Nun setzten in BAYERN aber immer mehr Abschleppunternehmer überbreite LKW-Abschleppwagen von 2,75 m und 2,66 m Breite ein. Es hat daher mit Hellsehen sehr wenig zu tun, wenn ich nun vorhersage, daß ein schwerer und tödlicher Verkehrsunfall nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung
mit überbreiten LKW-Abschleppwagen vielfach häufiger auftreten könnte, als wenn ein nur schmaler Abschleppwagen mit 2,55m z.B. auf der ebenso breiten BAB-Standspur stehen würde.

Dieter Pramschüfer

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