L E S E R B R I E F
an die Redaktion der
Zeitschrift "Der Abschleppunternehmer" mit der Bitte um
Veröffentlichung
Urteil des Amtsgerichts Helmstedt über
die Angemessenheit der Preise
Amtsgericht Helmstedt Aktenzeichen 2C334/99 vom 30.8.2002
Hier reklamierte eine Transportfirma aus Schöningen eine
LKW-Bergungsrechnung (DB 1840) .
Vor Ort wurde dieser LKW aus dem Straßengraben gezogen. Der Unfall
ereignete sich bei Glatteis und Schneedecke, so daß selbst
Polizeifahrzeuge hinter der Unfallstelle standen und nicht weiterfahren
konnten. Gleichwohl reklamierte die Transportfirma die 2,5 Std.
Berechnung des LKW-Abschleppdienstes und die Höhe des
Std.-Verrechnungssatzes.
Der Rechnungsbetrag für den Einsatz des
3-Achs-Unterfahrlift-Abschleppwagens betrug brutto 1659,57 DM (netto
1430,66 DM)
2,5 Std. LKW-Abschleppwagen á 441,04 DM = 1.102,60 DM
2,5 Std. 2.Mann (Bergungsfachkraft) á 79,20 DM = 198,00 DM
+ 10 % Versicherungskosten = 130,06 DM
= Netto-Rechnungsbetrag 1.430,66 DM
Die beklagte Transportfirma zahlte an den Abschleppdienst 995,74 DM, so
daß noch eine Forderung von 663,83 DM offen stand und hier deshalb die
Abschleppfirma Klage vor dem AG Helmstedt einreichte.
Die geborgene Transportfirma argumentierte auch wieder einmal mit der
"unseligen" Preis- und Strukturumfrage des anderen Verbandes,
dessen Umfrage-Mittelwerte nur bei 339,95 DM / Std. netto betragen.
Bei dieser Gelegenheit sei auch meine Anmerkung gestattet, daß es
schon sehr seltsam ist, wenn ein Unternehmerverband vorgibt auf der
Seite der Abschleppunternehmer zu stehen, dann aber den
Versicherungs-Schadenbüros und dem Speditionsgewerbe " Munition
" ausgibt, damit gegen Abschleppunternehmer Druck ausgeübt werden
kann.
Hier sei aber nicht vergessen, daß der sog. Obergutachter außerordentliches
Mitglied des Verbandes ist und diesem Obergutachter wohl ein
millionenschweres Geschäftsfeld ermöglicht werden soll, das er ohne
die massive Unterstützung des Abschleppverbandes niemals bekommen hätte.
(Siehe dazu den Artikel Gegnerfreiheit)
Bei der Zeugenbefragung stellte sich auch heraus, daß in Anbetracht der
Witterung die An- und Rückfahrt wohl unzweifelhaft mit den Zeitangaben
der Abschleppfirma stimmen und die 12 bis 15 Minuten Wartezeit, die der
Fahrer des verunfallten LKW Mercedes vage äußerte wohl keinesfalls
stimmen können, so daß auch Zeitabzüge unstatthaft sind. Der
Abschleppdienst hat die Witterungsverhältnisse schlicht nicht zu
verantworten.
Die Anfahrt zur Unfallstelle habe lt. Abschleppunternehmer ca. 1 Std.
betragen, die Bergungs- und anschließenden Straßenreinigungsarbeiten
ca. 0,5 Std. und die Rückfahrt wieder ca. 1 Std.
Der verunglücke Fahrer des LKW Mercedes trägt selber vor, mehrere
Stunden an der Unfallstelle gestanden zu haben und das
Nicht-Weiterkommen selbst der Polizeifahrzeuge in Sichtweite beobachtet
zu haben.
Im übrigen ist der Verrechnungssatz von 441,04 DM für Fahrzeug
(LKW-Abschleppwagen) und Fahrer nicht überhöht und hält sich in dem
üblichen, gerichtsbekannten Rahmen.
(Originalzitat aus dem Urteil)
Leider ist es ziemlich selten, daß ein Richter aus anderen Streitfällen
Vergleichrechnungen in seinem Aktenfundus hat, über die er vorher
Kenntnis erlangt hatte.
Meistens ist der Ablauf aus Sicht des Abschleppunternehmers wie folgt:
Die verunfallte Spedition oder deren Versicherung arbeitet seit Jahren
erfolgreich mit dem sog. OBERGUTACHTER des anderen Verbandes zusammen,
der mit seiner vereinsinternen Preis- und Strukturumfrage auf einem
untersten Preisniveau argumentiert und so der Abschleppunternehmer vor
dem unwissenden Richter(in) faktisch wie der "DEPP" dasteht.
Es ist aus der Sicht der Richter dann nur nachvollziehbar, daß man
einem Sachverständigen glaubt, der auch noch mit einer Preis- und
Strukturumfrage argumentiert, die von einem großen Verband der
Bergungs- und Abschleppunternehmer als absolute und einzige Wahrheit
angepriesen wird. Der Richter(in) kann sich ganz einfach nicht
vorstellen, daß ein Verband des Abschleppgewerbes zum Schaden der
Abschleppunternehmer in harter GEGNERSCHAFT auftritt?
Die meisten Richter fragen auch nicht nach. Ein Richter am Landgericht
Kassel hat diesen Obersachverständigen des anderen Verbandes z.B.
gefragt, wie viele Gutachten er jährlich anfertige - für Gerichte und
für Versicherungen ? Stolzgeschwellt antwortete dieser Obergutachter
und Leiter des technischen Auschußes des Verbandes: ca. 600 pro Jahr
Die nächste Frage des Richters: Und alle diese 600 Rechnungsprüfungen
sind teurer als die Preis- und Strukturumfrage ? - Jawohl,
antwortete der Oberverbandsgutachter.
Weitere Richterfrage: Und haben Sie die Preis- und Strukturumfrage, bei
denen wohl ca. 100 Vereinsmitglieder die Fragebogen beantwortet hatten,
mit einer neuen Preis- und Strukturumfrage in Verbindung mit diesen ca.
600 ganz anderen, höheren Preisen angepaßt und verändert ?
Selbstverständlich nicht, antwortete der Obergutachter des anderen
Verbandes.
Damit entließ der Richter am Landgericht Kassel den Obergutachter und
stellte fest, daß dieses Versicherungs-Parteigutachten des
Verbandsobergutachters möglicherweise nicht das Papier wert sei, auf
dem es ausgedruckt ist.
Dem habe ich nun wirklich nichts mehr hinzuzufügen.
Dieter Pramschüfer |